EVU Industrie-Vergleich Versorgungszuverlässigkeit

Standortbestimmung Netzverfügbarkeit

Die schweizerische Regulierungsbehörde ElCom erhebt von den 95 grössten Verteilnetzbetreibern alle Unterbrüche länger als 3 Minuten mit der Anzahl betroffenen Kunden, der Dauer und Ursache sowie in welcher Anlagenkategorie ein allfälliger Schaden entstand. In der nachfolgenden Liste sind die SAIDI Durchschnittswerte dieser 95 Verteilnetzbetreiber (aller Netzklassen) nach Ursachenkategorien aufgeführt.

Das Jahr 2018 weicht durch einen erhöhten Wert bei den Naturereignisse vom längerfristigen Trend ab, das Jahr 2017 ist als typisch anzusehen. Die Hälfte aller Unterbrüche sind geplante Abschaltungen im Netz. Dieser Wert ist in den letzten Jahren wesentlich gesunken. Bemerkenswert ist auch der relativ moderate Anteil der betrieblichen Ursachen von rund 15%, was zum Beispiel Ausfall durch Alterung von Anlagen beinhaltet. Zusätzlich werden SAIDI und SAIFI nach Netzebenen aufgeschlüsselt:

Mehr als die Hälfte aller betroffenen Endverbraucher und Unterbrechungsminuten werden im Mittelspannungsnetz verursacht. Der Bericht der ElCom gibt hier keine Aufschlüsselung auf geplante und ungeplante Unterbrechungen, es wird aber erwähnt, dass im Niederspannungsnetz “diese jedoch vorwiegend geplant sind”. Somit ist das Bild bei den ungeplanten Unterbrüchen noch ausgeprägter – schätzungsweise 70% der ungeplanten Unterbrüche in Kundenminuten werden vom Mittelspannungsnetz verursacht. Die Vermutung liegt damit nahe, dass eher zu wenig ins Mittelspannungsnetz bzw. zu viel ins Niederspannungsnetz investiert wird. Eine mögliche Ursache ist der Umstand, dass Ressourcen hin zu häufig auftretenden Ausfällen gelenkt werden, auch wenn diese die Netzverfügbarkeit nur geringfügig beeinflussen.

Aus dem Vergleich der Qualitätskennzahlen der ElCom mit den individuellen Unternehmensdaten lassen sich unter Umständen wertvolle Hinweise ableiten, in welchen Bereichen man nicht das optimale Qualitätsniveau aufweist. Jedoch sind in den von der ElCom gebildeten Netzklassen sehr unterschiedliche Verteilnetzbetreiber, obwohl die Netzklassen eine bessere Vergleichbarkeit ermöglichen sollten. Zusätzlich sind die Netze oft auch im gleichen Versorgungsgebiete sehr heterogen. Somit ist dieser Qualitätsvergleich nur als grobe Standortbestimmung geeignet. Zukünftige Kosten und die Netzverfügbarkeit werden vorgesteuert durch die Entscheidung wo, wieviel und wie in die Erneuerung und Optimierung des Stromversorgungs-Netzes investiert wird. Mit einer detaillierten und integrierten Betrachtung von Netz- und Kundendaten können Massnahmen hin zum bestmöglichen Gesamtkosten-Verhältnis zwischen Netzkosten und Netzverfügbarkeit gesteuert werden.

Aus der Grafik ist ersichtlich wie pro Kunde und Netz ein individuelles Optimum der Netzkosten und Netzverfügbarkeit (Schadenskosten) resultiert. Somit ist das Resultat des Gesamtkostenoptimum für den gleichen Kunden in einem ländlichen Netz (Netz 1) eine tiefere Netzverfügbarkeit als in einem städtischen Netz (Netz 2). Zusätzlich haben unterschiedliche Kunden mit dem identischen Netzanschluss auch ein andere optimale Netzverfügbarkeit, da auch bei einem identischen Versorgungsunterbruch (mit gleicher Menge nicht gelieferte Energie) der Schaden beziehungsweise die nicht gelieferte Energie unterschiedlich bewertet wird. Deswegen werden für die Steuerung der Einzel-Massnahmen detaillierte Netzdaten benötigt, die idealerweise mit den Kundendaten verknüpft sind.

Methodik der Optimierung

Um die Datenmenge sinnvoll bearbeiten zu können, werden Kunden in Gruppen eingeteilt und Massen-Anlagenobjekten nach Typ und Fabrikat beurteilt. Aber schon mit der Bewertung der nicht gelieferte Energie aller Kunden mit einem Einheitssatz ist diese Methodik sehr effektiv. In einem zweiten Schritt kann eine differenzierte Bewertung der Kunden pro Trafokreis vorgenommen werden. Entscheidend ist die Differenzierung der Anlagen im Mittelspannungsnetz, da die Wichtigkeit der Anlagen sich hier wesentlich unterscheidet. Im Blog “EVU Bewertung der Versorgungsqualität” wurde aufgezeigt, wie die Versorgungsunterbrüche finanziell bewertet werden können. Die gleiche Methodik wird angewendet für Beurteilung von Varianten bezüglich der Netzkosten und Netzverfügbarkeit.

Für die Optimierung von Netzkosten und Netzverfügbarkeit können folgende 3 Hierarchie-Ebenen unterschieden werden:

  • Systemoptimierung (z.B. Zielnetz)
  • Einzeloptimierung (z.B. Instandhaltung und Ersatz Einzelkomponenten)
  • Prozessoptimierung (z.B. Synergien im Bau)

In der Regel gibt die übergeordnete Ebene die grundsätzliche Strategie oder Taktik vor, die untergeordnete Ebene kann diese wenn sinnvoll übersteuern. Oft ist aber die Abhängigkeit nicht so linear – vor allem die System- und Einzeloptimierung müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt sein. Je nach Ausgangslage bestimmen die Varianten der Systemoptimierung die Einzelmassnahmen oder Einzelmassnahmen mit einem guten Kosten/Nutzen-Verhältnis führen dazu, dass eine Systemoptimierung nicht oder nur teilweise sinnvoll ist (die Systemoptimierung bedeutet in der Regel ein Umbau gewisser Konfigurationen, was vor allem kurzfristig Mehrkosten verursacht). Basis ist eine korrekte Bewertung der Massnahmen.

Präventiver Anlagenersatz für die Verminderung der Ausfallwahrscheinlichkeit ist eine wirksame, aber auch teure Massnahme. Eine gezielte und moderate Verlängerung der Nutzungsdauer kann ergänzt werden durch alternative Massnahmen, welche den allfälligen Versorgungsunterbruch begrenzen bezüglich Reichweite (Anzahl Kunden) oder Ausfalldauer. Massnahmen, welche die Ausfalldauer verkürzen durch schnellere Detektierung, Lokalisierung und Intervention, können unter Umständen sehr kostengünstig umgesetzt werden und haben einen wesentlichen Effekt auf die Netzverfügbarkeit.

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