Variantenvergleich Leistungstarife

Preisfestlegung für Infrastrukturbetreiber

Im Gegensatz zu Konsumgütern oder Dienstleistungen ist schnelles Absatzwachstum im Infrastruktur-Sektor oft nicht erwünscht, da eine kurzfristige Anpassung von Kapazitäten hohe Kosten verursacht. Eine Ausnahme ist die Mobilkommunikation mit der schnellen Kapazitätssteigerung durch kurze Technologiezyklen. Kommunikations-Infrastruktur wird teilweise von mehreren Anbietern parallel erstellt und betrieben, was zum Beispiel in der Elektrizitätsversorgung nicht denkbar ist. Deswegen unterscheiden sich Geschäftsmodelle und Preisfestlegung der Kommunikations- und Elektrizitätsversorgung grundlegend.

Die Kapazität der Infrastruktur muss in Echtzeit zur Verfügung stehen – im Strassenverkehr sind Staus eine unbeliebte Folge von Kapazitätsengpässen. In der Energieversorgung führt ein grösseres Ungleichgewicht zwischen Produktion und Nachfrage zu einem Versorgungsunterbruch. Genügend und flexible Produktionskapazitäten im europäischen Verbundnetz haben in den letzten Jahrzehnten die Versorgungsqualität gesichert – die seltenen Versorgungsunterbrüche sind vorwiegend auf regionale und lokale Ausfälle von Netzelementen zurückzuführen. Ausfälle durch Überlastungen des Versorgungsnetzes sind selten dank Kapazitätsreserven und verschiedenen Massnahmen auf der Verbraucherseite.

Leistungstarife für Haushaltskunden

Der Leistungsbedarf bei der Ladung von Elektrofahrzeugen kann ein wesentlicher Stressfaktor für das lokale Verteilnetz werden (vgl. Lastentwickung im Quartier). Leistungstarife für Haushaltskunden können Anreize schaffen, unter anderem Elektrofahrzeuge langsamer zu laden. Eine solche Anpassung der Tarifstruktur hat Gewinner und Verlierer zur Folge. Die Veränderung der finanziellen Belastung der Kundengruppen muss analysiert werden und ist ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Tarifgestaltung. Als Beispiel wurde eine typische Datenbasis mit 3000 Kunden generiert für die Simulation der Auswirkungen von verschiedenen Leistungstarifen. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Resultat für die einzelnen EVU vom vorliegenden Resultat nicht grundlegend abweicht.

Auswirkungen neue Leistungstarif-Varianten

Die Grundgebühr für Haushaltskunden in der gängigen Netznutzungs-Tarifstruktur führt zu einem Mengenrabatt – die Kosten pro kWh sinken mit zunehmendem Verbrauch. Der Ersatz der Grundgebühr mit einen Leistungstarif hebt diesen Automatismus auf – die Leistung korreliert mit dem Energiebezug. Die Leistung von Kunden mit geringem Energie-Verbrauch liegt meist unter dem Verlierer/Gewinner Schnittpunkt – diese Kunden profitieren vom Tarif-Modellwechsel. Kunden mit einem hohen Energie-Verbrauch und unausgeglichenen Bezugsprofil werden zusätzlich belastet.

Tarifvarianten

Der aktuelle Tarif besteht aus einem jährlichen Grundpreis von CHF 120.- und einem Arbeitspreis von 8 Rp./kWh. Diesem wurden 4 Tarif-Varianten gegenübergestellt. Der Arbeitspreis pro kWh ist in allen Tarifen unverändert. Der aktuelle Tarif und die 4 Varianten haben einen ähnlichen Gesamterlös und Anteil Erlös aus dem Arbeitspreis in kWh. Die erste Tarifvariante besteht aus einem Leistungspreis von CHF 22.-/kW, wobei 4kW gratis sind. Der Grundtarif ist auf CHF 50.- reduziert. Die zweite Tarifvariante ist ohne Grundtarif, im Gegenzug wurde der Leistungspreis auf CHF 42.-/kW erhöht. Die dritte Tarifvariante hat einen tieferen Leistungspreis von CHF 32.-/kW und die Gratisleistung ist von 4kW auf 3kW reduziert. Die letzte Tarifvariante ist ohne Grundgebühr und Gratisleistung mit einem Leistungspreis von 17.-/kW. Mit der Gratisleistung werden die kleineren Verbraucher entlastet. Der Gewinner/Verlierer Schnittpunkt lässt sich mit Gratisleistung nur leicht verschieben von 5.555kW bei einem Leistungstarif von CHF 17.-/kW ohne Gratisleistung zu 6.125kW mit dem Leistungstarif von CHF 32.-/kW und einer Gratisleistung von 3kW.

Analyse und Darstellung von Daten

Für die Analyse von realen Kundendaten ist die grafische Darstellung und Kommunikation der Auswirkungen entscheidend als fundierte Basis der Entscheidungsträger. Die Darstellung der Kunden in einem Wolkenmodell mit den Achsen Energieverbrauch in kWh und Leistung in kW gibt einen schnellen Eindruck über die Kundenstruktur. Weiter können damit die Gewinner und Verlierer qualitativ dargestellt werden – diese sind farblich visualisiert (mit einem Leistungstarif von CHF 17.-/kW). Weiter wird der Durchschnittspreis von 11Rp./kWh mit einer Linie dargestellt (die Gratisleistung schiebt diese Linie nach oben, ein höherer Leistungstarif macht diese flacher).

Kundenverteilung kW zu kWh

Für die quantitative Darstellung der Preisveränderungen ist die Auswertung nach Perzentilen geeignet. Dafür werden die Kunden sortiert aufgereiht nach dem gewünschten Kriterium – hier nach Preisveränderung in Prozent. Die Aufreihung wird prozentual aufgeteilt und ausgewertet. Das 50% Resultat ist besser bekannt als der Median. Dies gibt eine umfassende Gesamtsicht auf das Resultat.

Grafik Preisveränderung pro Kunde Perzentile nach Tarifvariante

Diese Grafik verdeutlicht die Kostenabweichung zum aktuellen Tarif. Die geringste Kostensteigerung hat die Variante 17.-/kW, obwohl bei den kleinsten Kunden die Kostenersparnis grösser ist als mit der Tarifvariante mit CHF 50.- Grundpreis. Die Tarifvarianten mit Gratisleistung verstärken den Unterschied zwischen Gewinnern und Verlierern. Die grafische Perzentile-Darstellung bringt das Resultat schnell auf den Punkt, zusätzlich sollte das Resultat mit den wichtigsten Perzentilen (Median, 25%, 10%, 5% und 1%) präsentiert werden.

Preisveränderung in % pro Kunde Perzentile nach Tarifvariante

Aus diesen Zahlen können Aussagen abgeleitet werden wie “mit dem Leistungstarif von CHF 17.- /kW haben 3/4 der Kunden tiefere Preise”, “15% der Kunden haben eine Kostensteigerung von unter 10%”, oder “nur 1% der Kunden haben eine Preissteigerung von 23% oder mehr”. Die ist eine der möglichen Perzentile Auswertungen, weitere Auswertungen können die absoluten Kosten oder Kostenveränderung sein.

Auswahl der Tarifvariante und Kundenkommunikation

Leistungstarife müssen einige Kriterien erfüllen, damit sie die gesetzlichen Vorgaben erfüllen und kundenfreundlich sind (vgl. Gestaltung Leistungstarife). Weiter sollen die Preise die Fixkosten decken (Messung, Rechnungsstellung), was die Grundgebühren und/oder einen linearen Leistungspreis (ohne Gratisleistung) rechtfertigt. Die sprungfixen Kosten durch den Leistungsbezug sind ein wesentlicher Teil der Kosten, zu welchem die grossen Leistungsbezüger mit einem geringeren Verschachtelungseffekt (höhere Gleichzeitigkeit) mehr beitragen, was wiederum die Gratisleistung rechtfertigt.

Durch die Änderung des StromVV Art 18 Absatz 2 im Jahr 2019 mussten Kunden mit einer Leistungsmessung und einem Energiebezug von weniger als 50MWh in die Basiskundengruppe umgeteilt werden. Diese erhielten danach den gleichen Tarif wie Haushaltskunden. Bei dieser Kundengruppe ist der Preisvergleich 2018 mit dem neuen Leistungstarif für Haushaltskunden als Anhaltspunkt interessant. Die Kommunikation des Modellwechsels ist entscheidend – die Kombination mit einer Kostensenkung erleichtert dies. Man kann festhalten, dass die Leistung mit dem Verbrauch korreliert, womit mit dem Leistungspreis ein zusätzlicher Anreiz zur Verbrauchsreduktion besteht. Der Preis pro kWh wird insgesamt einheitlicher. Das Ziel der Verursachergerechtigkeit und der Anreize zum einem netzdienlichen Verbrauchsverhalten kann dabei hervorgehoben werden. Dies sollte mit der der Option eines Wahltarifs kombiniert werden, welcher die flexiblen Verbraucher netzdienlich steuern kann (vgl. Preisgestaltung EVU).

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